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Die Katholisch-Apostolische Gemeinde in Memel

Es war gegen Ende der 1820er Jahre, als sich in England, Schottland und Deutschland eine charismatische Erweckungsbewegung entwickelte. Geistliche Zeichen und Weissagungen führten mit zu den Gründungen von Gemeinden durch die Verfechter dieser Strömungen. Der Prediger Edward Irving, welcher Weissagungen in seiner Londoner Gemeinde zuließ, wurde letztlich aus der Schottischen National-Kirche ausgeschlossen. Bereits wenige Tage danach hielt er vor Hunderten von Gläubigen einen eigenen Gottesdienst in einem gemieteten Saal. Wohl waren es auch endzeitliche Prophezeiungen, die in den Jahren 1832 bis 1835 zur Berufung von zwölf Aposteln führten, welche die Kirche - gemeint waren alle getauften Christen ohne Unterschied - von Großbritannien ausgehend, auf das zweite Kommen Jesu vorzubereiten hatten. Unter anderem verfaßten sie das Testimonium, in dem sie den damaligen, von ihnen als schlecht empfundenen Zustand der christlichen Kirche als Grund für ihren Anspruch auf die Leitung derselben hervorhoben. Dieses Ziel konnten sie allerdings nicht erreichen. Dennoch gründeten die Apostel - mit recht unterschiedlichem Erfolg - Katholisch-Apostolische Gemeinden in Europa. Thomas Carlyle war der für Norddeutschland zuständige Apostel. Ab 1837 verfolgte er seine Aufgaben in dem Bereich von Frankfurt a.M. und Marburg bis in den Norden und Osten Deutschlands. So entstanden ab etwa 1848 apostolische Gemeinden z.B. in Frankfurt/Oder, Königsberg, Stettin, Danzig und in Memel. Sembritzki berichtete hierüber [1]: Die Irvingianer versuchten 1851 hier festen Fuss zu fassen. Am 24. December genannten Jahres fand sich der Schlossermeister Heinrich Deventer aus Berlin hier ein, um Anhänger zu werben, und hielt am 28. December eine Versammlung ab, die wegen unterlassener Anmeldung aufgelöst wurde; ausserdem wurde D., da er sich über seine Existenzmittel nicht auszuweisen vermochte, mit 14tägiger Reiseroute nach Berlin zurückverwiesen. Allein im April 1852 traf er wieder hier ein, um Vorträge zu halten, und obwohl die von ihm abgehaltenen Versammlungen aufgelöst und untersagt wurden, gelang es ihm doch, ein kleines Häuflein von Anhängern zu sammeln. 1861 befand sich das Betlocal der apostolischen Gemeinde Vordere Wallstrasse 4 beim Glasermeister Wickenhagen, 1869 wird schon ihre jetzige Kapelle am Ferdinandsplatz erwähnt. Ihre Zahl betrug damals 67; 1900 war sie auf 172 gestiegen.
Das Memeler Adreßbuch von 1866 bestätigt uns, daß sich der Betsaal der Apostolischen Gemeinde in der Vorderen Wallgasse 4 befand und erwähnt auch, daß hier die Wohnadresse von Heinrich Deventer, dem Vorsteher der Apostol. Gemeinde war.
J. M. Abel [2] berichtet, daß die Gemeinde sich zunächst hauptsächlich aus Baptisten zusammensetzte. Von ihm erfahren wir auch, daß der Apostel Carlyle die Gemeinde im Jahr 1853 besuchte und später auch der Apostel Woodhouse. Weiters gibt er für das Jahr 1861 an, daß die Gemeinde aus 133 Erwachsenen bestand. Deventer, der erst Priester und dann Beauftragter Engel gewesen ist, war fast 50 Jahre der Vorsteher der Gemeinde. Vor 1900 sei Memel Ausgangspunkt für zahlreiche Evangelisationen im Baltikum gewesen, an denen auch Heinrich Deventer beteiligt war. Nach dessen Tod 1902 habe Karl Wolf dessen Amt als Beauftragter Engel übernommen.
Daß die Kapelle der Gemeinde am Ferdinandsplatz bereits im Jahr 1865 errichtet worden sei, erfährt man auf den Webseiten der Katholischen Kirche KRISTAUS KARALIAUS.

[1] Johannes Sembritzki, Memel im neunzehnten Jahrhundert, Memel - 1902
[2] Jörg Michael Abel, Das Werk des Herrn in Russland, in Finnland und im Baltikum ...


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