Aus Anlaß des zweihundertjährigen Jubiläums der Zunftprivilegien beschloß die Kaufmannszunft im Jahre 1797 die Errichtung eines Stifts für Kaufmanns-Witwen. Durch eine Königliche Konzession vom 9. Januar 1797 wurde das Stift von vornherein von Servis, Einquartierungen und sonstigen bürgerlichen Lasten befreit. Noch im gleichen Jahre kaufte die Zunft von dem Kaufmann S c h m e l i n g das Grundstück vor dem Brückentor Nr. 696/697, später Börsenstraße 10/11, für den Preis von 1000 Talern. Auf diesem Grundstück wurde noch im gleichen Jahre ein massives Gebäude, 124 Fuß lang, errichtet, für welches annähernd 6000 Taler aufgewendet wurden. Es enthielt sechs Wohnungen von je zwei Zimmern und sah recht stattlich aus; denn die Stadt genehmigte, daß es mit der Langseite nach der Börsenstraße zu gesetzt werde, weil es so "der Straße mehr Zierde mache".
Bereits 1825 wurde ein Neubau und die Verlegung des Stifts geplant, da das Haus stark baufällig wurde und erhebliche Mittel für Reparaturen laufend in Anspruch nahm. Doch erst 1877 war die Stiftung in der Lage, an einen Neubau zu denken. Es wurde von der Witwe des Kaufmanns Wilhelm G e r l a c h für den Betrag von 10 500 Mark das Grundstück Grünestraße - Ecke Lazarettstraße angekauft. Auf diesem Grundstück wurde das jetzt noch stehende Gebäude errichtet. Es enthält doppelt so viel Wohnungen wie das alte Stift. Die Baukosten betrugen rund 52 000 Mark, von denen 28 000 Mark durch den Verkauf des alten Grundstücks in der Börsenstraße aufgebracht wurden.
Das Vermögen des Stifts ist durch die Inflation verloren gegangen. Das Stift ist in den letzten Jahren aus den laufenden Mitteln der Industrie- und Handelskammer unterhalten worden.
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