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Alter Speicher in Memel
Aus "Die Denkmalpflege" vom 31. März 1920.

In Memel hat sich aus der Zeit der tiefen Erniedrigung unseres Vaterlandes vor hundert Jahren noch mehr­fach die Bauform des Bohlendaches erhalten, das als eine Erfindung der frühbarocken Zeit - sozusagen Abwandlung des Mansarddaches - anzusehen ist und um 1800 seinen Einzug in Ostpreußen gehalten hat. Gilly, ein Vorkämpfer dieses so schönen und wegen der Raumausnutzung außerordentlich zweckmäßigen Daches, führte u. a. die Salzstapelhäuser in Pillau in dieser Form aus und hat 1797 ein Buch "Über Erfindung, Konstruktion und Vorteile der Bohlendächer" herausgegeben (s. a. Zentralblatt der Bauverwaltung 1919, S. 527). In Memel sind noch verschiedene Häuser mit derartigen Dächern erhalten - größtenteils Speicherbauten - trotz der vielen großen Brände, die in der Stadt gewütet haben.
Das eigenartigste, der Speicher in der Libauer Straße 14, stammt aus der Zeit um 1810

und zeichnet sich durch die einhüftige Ausbildung des Pultdaches aus, das infolge der Unter­bringung einer Durchfahrt im Erdgeschosse und des dadurch entstehenden schiefen Grundrisses noch eine Knickung erhalten hat.


Das Haus ist teilweise unterkellert und hat fünf Speichergeschosse, davon allein drei im Dachraum selbst, ein Beweis für die außerordentlich günstige Ausnutzbarkeit derartiger Dachformen.

Das Fachwerk - mit Ziegeln der alten großen Form ausgemauert - ist ebenso wie der innere Holzverband sehr sorg­fältig aus Hölzern von teils erheblichen Ab­messungen ausgeführt. Das mit alten holländi­schen Pfannen von stark gewelltem Querschnitt abgedeckte Dach zeigt - dank der Boh­lensparrenausführung - eine weichgeschwungene schöne Linie. Die Sparren bestehen aus zweifach übereinandergelegten mit den Stößen versetzten Bohlenstücken von 3,5:15 cm und geben gemeinsam mit der Stülpschalung ein so festes Gefüge ab, daß Pfetten und sonstige Dach­unterstützungen überflüssig sind; die Streben in den Bindern dienen eigentlich nur zur Aufnahme des einseitigen Druckes des Pultdaches. Das Haus hat demnach baugeschichtlichen Wert und bietet, besonders vom Wirtschaftshof aus, einen sehr malerischen Anblick. Hoffentlich wird es nicht mit so vielem anderen ein Raub gewissenlosen Bauwuchers, wenn nach Abtretung des Memelgebietes die schützende Hand des Provinzialkonservators dort machtlos geworden ist.
Königsberg i. Pr. J. Stang, Regierungsbauführer.


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