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Lebensnachrichten über Johannes Sembritzki. Mitgeteilt von A. Warda in Königsberg. Johannes Sembritzki wurde am 10. Januar 1856* zu Marggrabowa (Ostpreußen) als Sohn des Lehrers an der dortigen Elementar-Armenschule Carl Sembritzki (oder wie er sich seiner polnischen Abstammung zufolge schrieb: Sembrzycki) und seiner Frau Aurelie geb. Dziobeck geboren. Vom 4. bis 13. Lebensjahre wurde Sembritzki von seinem Vater selbst völlig unterrichtet. In seiner freien Zeit las er eifrig Bücher aller Art aus dem 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, die sich noch aus dem Nachlaß des mütterlichen Großvaters, des Kantors seiner Geburtsstadt, erhalten hatten, hauptsächlich aber aus der Bibliothek des Ortssuperintendenten stammten, die namentlich Jugendschriften und Romane aus derselben Zeit enthielt. Da er viel allein und sich selbst überlassen und von seiner (1880 verstorbenen) Mutter verwöhnt war, bildete sich bei ihm, wie er selbst in seiner autobiographischen Skizze sagt: "eine im Keime von väterlicher Seite her schon vorhandene, große Eigenwilligkeit, Eigenart und Selbständigkeit aus", neben welcher eine durch die Abgeschlossenheit erzeugte und ihm lange anhaftende Schüchternheit und Unsicherheit im Umgange nebenherlief. Nachdem Sembritzki ein Jahr lang die oberste Klasse der Stadtschule zu Marggrabowa besucht hatte, kam er am 1. Oktober 1869 auf die Quarta des Gymnasiums zu Lyck, welches er am 6. Juni 1874 mit dem Zeugnis der Reife für Prima verließ, um nach Absolvierung seines Militärdienstes und Versuchen in anderen Berufen am 1. April 1877 bei dem Apotheker seiner Vaterstadt in die Lehre zu treten. Nach der Tätigkeit als Apotheker an verschiedenen Orten hauptsächlich in Ostpreußen fand er in Memel eine dauernde Heimat. Seine im Jahre 1881 geschlossene erste Ehe wurde durch den Tod seiner Frau im Jahre 1902 gelöst, worauf er eine neue Ehe einging, die bis zu seinem Tode bestanden hat. Etwa in seinem 30. Jahre begann er aus einem inneren Triebe heraus sich literarisch zu betätigen, und zwar zunächst wie sein (1886 verstorbener) Vater für die polnische Bevölkerung, der er nach seiner Abstammung angehörte. Bald aber wandte er sich der Heimatkunde, insbesondere der ostpreußischen Literaturgeschichte zu und seit 1886 sind von ihm zahlreiche Aufsätze hautsächlich in der Ostpreußischen Monatsschrift (daraus auch in Buchform sein Werk: "Die Ostpreußische Dichtung" 1770-1800, erschienen 1908 mit mehreren Nachträgen) veröffentlicht. Auch in anderen Zeitschriften wie: Am Urquell, Mitteilungen der Littauischen literarischen Gesellschaft, Oberländische Geschichtsblätter (darin Seb. Friedr. Trescho, sein Leben und seine Schriften), Mitteilungen der literarischen Gesellschaft Masovia, Der deutsche Herold, Zeitschrift für Bücherfreunde, Goethe-Jahrbuch, Euphorion, erschienen wiederholt Beträge von ihm, ebenso auch in Tageszeitungen, namentlich der Königsberger Hartungschen Zeitung und dem Memeler Dampfboot. Sein Hauptwerk ist die "Geschichte der Königlich Preußischen See- und Handelsstadt Memel". Teil I 1900, Teil II 1902, welcher im Jahre 1918 die "Geschichte des Kreises Memel" folgte. Dann wurde ihm der Auftrag eine Geschichte des Kreises Heydekrug abzufassen, mitten in dieser Arbeit ist er am 8. März 1919 in Memel verstorben. |
Quelle: | Euphorion, Zeitschrift für Literaturgeschichte, Fünfzehntes Ergänzungsheft - 1923 |
* nicht 1855, wie gelegentlich zu lesen ist. |
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